1. Die gesellschaftssystemischen Strukturperspektiven
Diese Strukturperspektiven beziehen sich auf zeitlich begrenzt vorkommende, gesellschaftssystemisch verbreitete Strukturtypologien, die für den Untersuchungsgegenstandsbezug von Bedeutung sind. Sie bestimmen den ideologiekritischen Ansatz und den strukturperspektivischen Feldhintergrundbezug der Studie. Dies ließ politökonomische Strukturentwicklungsaspekte sichtende Strukturperspektiven entwickeln, welche die Aufmerksamkeit auf gesellschaftssystemisch bedingte feldsoziale Strukturbrüche und die damit verbundenen Konfluenz- bzw. Entgrenzungsdynamiken und deren irrationalistische und feldoperationale Ausgestaltung lenkten (Band 3, S. 740 f). Sie fokussieren diese Strukturtypologie als irrationalistische Ausgestaltungs- und Verwertungsaspekte einer individuelle Entgrenzungen und Strukturbrüche riskierenden Feldpraxeologie (Band 1, S. 442; Band 2, S. 637 f, 641; Band 3, S. 723 f, 740 f). Mit Hilfe der politökonomischen Strukturperspektive wird versucht, den spätkapitalistischen und fortschrittsgläubigen Interessen- und Handlungsbezug mit zu bedenken, der hinter den Entgrenzungs- bzw. Vereinnahmungsdynamiken (Band 3, S. 441) und Strukturbrüchen steht (Fusionsfieber, Unternehmensfragmentierungen oder Spartenauslagerungen, Automatisierung handwerklicher Berufe, Werkschließungen und Massenentlassungen etc.), wobei davon ausgegangen wird, dass dieser im Bewusstsein vieler Menschen als akzeptable und fortschrittliche Handlungsstruktur verallgemeinert und neu konkretisiert wird. Damit hat der ideologiekritische Tradierungsuntersuchungsansatz der Studie insgesamt zwei gesellschaftssystemische Ausrichtungen, die für die Sichtung der untersuchten Irrationalismusphänomene und deren kritische Erörterung von Bedeutung sind. Die eine bezieht sich auf global-industrielle Produktions- und Marktentwicklungsdynamiken und die andere auf zeitgeschichtliche Gesellschaftsentwicklungsstrukturen (NS-Diktatur) und deren Tradierung bzw. moderne, feldspezifische Ausgestaltung (Band 3, S. 726 f, 733, 735 f).
Auf der ideologiekritischen Reflexionsebene der Studie wird die heutige Irrationalismusentwicklung in der Gesellschaft als Ausdruck einer zu raschen Strukturveränderung im Zuge der Entwicklungsschübe der wissenschaftlichindustriellen Revolution und der damit verbundenen Lebenskontext und Kompetenzverluste verstanden.
Für diesen Irrationalismusbezug gab es eine Anlehnung an Horkheimers und Adornos Aufklärungskritik (2001) in der Tradition von Hegel, Marx und Freud und an ihre Kritik der "instrumentellen Vernunft". Ihrer dialektischen Denkweise nach ist den Prozessen von Aufklärung und Fortschrittsentwicklung, Positivismusentwicklung etc. eine Irrationalismusentwicklung immanent (siehe B 1, I. 2.b). Ihre Bezugnahme auf die Ideologiebildung als Phänomen kollektiv kompensatorischer Verarbeitung gesellschaftssystemisch relevanter Ereignisse bezieht sich hierbei auch auf die Kulturindustrieentwicklung im Kapitalismus ("Dialektik der Aufklärung", 2001, Band 3, S. 731 f). Auch Habermas' Reflexionen zum Strukturwandel in der Gesellschaft (1990, 2003) und deren Wissenschaftsentwicklung (2001) waren für die Studie von Bedeutung (Band 3, S. 23).
Deshalb werden auch die Marktentgrenzungen im Zuge der fortschreitenden Globalisierung und Kapitalisierung von immer mehr Lebensbereichen sowie die damit verbundenen Überforderungen und Zerstörungen mit beachtet.
Dies verleiht beiden Aspekten, der entgrenzenden und der strukturbruchnahen Entwicklungsdynamik, Bedeutung im strukturell-phänomenologischen Sichtungsbezug der gesellschaftssystemischen Strukturperspektiven (Fokus auf vereinnahmungs- / verwertungsorientierte Konfluenz- und Fragmentierungsphänomene).
Die hier anklingenden Grundgedanken werden sowohl auf die NS-Ideologiebildung als auch auf die moderne Irrationalismuswelle mit ihren verschiedensten Ausgestaltungsformen bezogen und verknüpfen die gesellschaftssystemischen Strukturperspektiven mit den ideologiegeschichtlichen (ideologiekritische Erörterungsebene).
Im Untersuchungskontext der Studie kann auf dieser Grundlage nach evolutionär-spirituellen / psychotechnologischen Ausgestaltungen dieser spätkapitalistischen Strukturdynamiken und nach den ihr immanenten Verwertungsinteressen- und Handlungsbezugnahmen gefragt werden, wobei hierbei auch die Spiritualisierung und Esoterisierung moderner kapitalistischer Marktforderungen, Produktionsentwickungsstrukturen interessierte.
Da die untersuchte Irrationalismusentwicklung auch zahlreiche Tradierungsphänomene reaktivieren kann, die aus dem faschistischen Ideologiebildungsgrundbestand und dem ideologischen Tradierungsfundus der NS-Zeit selbst stammen können, werden auch zeitgeschichtlich gesellschaftssystemische und auf ihrer Grundlage auch ideologiebildungs- und ideologietradierungsorientierte Strukturperspektiven gebildet. Damit werden neben den politökonomischen Strukturperspektiven auch noch ideologiebildungsorientierte und zeitgeschichtlich tradierungsorientierte Strukturperspektiven wichtig, welche in die gesellschaftssystemischen Differenzierungsbezugnahmen der Studie mit eingehen. Sie differenzieren die ideologiegeschichtliche Strukturperspektive und beziehen sich hierzu auf entwicklungsphasenspezifische Strukturtypologien der NS-Diktatur und der Demokratie.
Beide sind mit der 8. Strukturperspektive und dem darin eingehenden Feldbezug der Studie eng verbunden.